Donnerstag, 8. Mai 2025

"Wir brauchen mehr Vielfalt und eine Radioquote für Deutsche Musik"

Fordern eine Radio-Quote wie in Frankreich: Felix und Till von Zweierpasch
Foto Renaud Menoud
 

Nur 3 Prozent deutschsprachige Songs laufen in deutschen Privatradios. 10 Prozent sind es im öffentlich-rechtlichen. Tendenz sinkend. Das hat die Gema ermittelt. "Ein Drama, das muss sich ändern", fordern Felix und Till von der deutsch-französischen HipHop Band Zweierpasch. Sie touren seit über 10 Jahren um den Globus - und finden kaum auf deutschen Sendern statt. Die Grenzgänger wünschen sich mehr Vielfalt - und finden: Frankreich ist Vorbild. Ihr Wunsch: eine Radio-Quote wie in der Grande Nation.


 
Braucht es eine Quote für deutsche Musik im Radio wie in Frankreich?

Felix: Die deutsche Radiolandschaft begeistert mich mit Blick auf ihr Musikprogramm nicht. Ich höre das mit dem Ohr eines Musikers, der nicht englischsprachigen Sound macht. Eine Quote für deutschsprachige Songs unterstütze ich zu 100%. Das zwingt die Big Player zu mehr Vielfalt. Und bringt deutschen Künstlern mehr Tantiemen. Frankreich ist dafür ein starkes Vorbild. Im übrigen höre ich zu 80 % französisches Radio und nur zu 20 % deutsche Sender.

Till: Na klar braucht es die Quote. 3 Prozent sind lächerlich. Ist die Musik hier so schlecht? Nein. Gibt es so wenig spannende Acts? Nein. Wollen Hörer*innen nur US-Sound? Nein. Frankreich zeigt seit 1994 mit einer Quote, dass es anders geht. Dort müssen mindestens 40 Prozent französischsprachige Songs laufen. Top. Und immer noch genügend Platz für Taylor, Beyoncé und Kendrik.
 
Wie erklärt ihr euch das Schlamassel?


Live: Zweierpasch beim ESC Basel
Till
: Wir haben selbst häufiger Radio-Promo geschaltet. Man engagiert eine Agentur, die versucht, Songs im Radio zu platzieren. Das kostet viel Geld und hat bei uns wenig gebracht. Der Grund: Musikredakteur*innen kriegen mächtig Druck in den Sendern, bloß kein Risiko zu gehen und Unbekanntes zu spielen. Man könnte ja Hörer*innen vergraulen. Also lieber die immer gleichen Tracks in Schleife. 10 mal Taylor statt 1 mal Newcomer. Bitter. Wenn Hörer*innen nur sowas vorgesetzt bekommen, kennen sie halt auch nur so was. Kleine deutsche Acts setzen dann 100 Tickets für ne Show ab. Taylor 100.000. 

Felix: Deutsche Radios stehen unter dem Scheffel der amerikanischen Popkultur. Bei allem Respekt für die großartige Musik, die dort produziert wird, sollte Europa ein globaler Musikplayer sein, der selbst Trends setzt. Dazu muss Musik von hier mehr Raum bekommen. Es sollten etwa auch mehr französisch- oder spanischsprachige Lieder hier laufen. Das prägt die Hörerschaft enorm. Englisch dominiert alles, und vieles davon kommt aus den USA. Meinen Kindern möchte ich auch andere Sachen näherbringen und höre deswegen bewusst keinen der großen deutschen Sender mit Ihnen.
 
Was würde eine Quote ändern?

Felix: Kurz gesagt sehr vieles, wie oben beschrieben: die Verteilung der Gelder für Radioairplays, die nicht unbedeutend sind, die Wahrnehmung von Musik bei Hörern und Hörerinnen, und in Folge dann auch die Chancen für Liveauftritte. Radios sind wichtige Angelpunkte in der Musikwirtschaft. Ich kenne viele Musikerkolleg:innen, die sich in Deutschland andere Programme in Sendern wünschen.

Till: Mehr Reichweite, mehr Sichtbarkeit, mein Income, mehr Chancen, von der Musik zu leben, eine buntere Szene mit deutschsprachigen Songs. Ein Blick nach Freiburg reicht: Auch hier gibt es verschwindend wenig Artists, die auf deutsch Texten. Wir sehen es bei unseren Touren in Frankreich: Musik hat da einen anderen Stellenwert. Mehr Wertschätzung, mehr Support, bessere Säle. Wollen wir das auch? Oui, bien sûr.
 
ZP mit Staatssekretär BW Arne Braun im Talk
Wie wichtig sind Radio Airplays für Künstler wie dich?

Felix: Für meine Band Zweierpasch sind Radio Airplays auf großen Sendern ein erklärtes Ziel, das aber nur schwer zu erreichen ist. Wir machen uns davon nicht abhängig, aber es ist sowohl finanziell interessant als auch ein Medium um Menschen zu erreichen, denen deine Musik gefallen könnte. Was im Radio läuft ist wichtig. Deswegen willst du als Band da rein. HipHop und auch Reggae werden in Deutschland als Sparten geführt, die so gut wie nicht gespielt werden. Weder Curse noch Gentleman laufen hier, um zwei prominente Beispiele zu nennen. In Frankreich ist das anders.

Till: Unabhängig von der Reichweite: Plays im öffentlich-rechtlichen Radio bringen gutes Geld. Von was leben wir Künstler*innen? Spotify-Streams bringen uns fast nix: Pro Stream gibt's ca 0,3 CentDer beste Hebel sind Gagen für Shows und Projekte. Plus die Gema und Merch. Aber man muss nicht drum rumreden: Acts wie wir balancieren finanziell auf sehr dünnem Eis.
 
Was könnte noch helfen deutsche Musik zu pushen?

Till: Wir sagen es immer wieder: Frankreich hat eine tolle Formel, um Artists zu untersützen. Wer Profi-Künstler ist, wird "Intermittent de spectacle", bekommt in Phasen, in denen er nichts verdient, finanzielle Unterstützung vom Staat. Also bei Probewochen, oder der Produktion von Alben. Das braucht Deutschland auch. Wie viele Stunden wir wöchentlich in unsere Band investieren für überschaubares Geld - das glaubt uns kaum einer, der es nicht selbst macht.

Felix
:
Wir wissen, dass wir selbst so gut sein müssen, dass man nicht an uns vorbeikommt. Dafür arbeiten wir hart. Die deutsche Sprache ist unser Handwerk. Ich wünsche mir vom deutschen Staat, dass er nicht 1/3 meines Einkommens als Steuer einzieht. Der Beruf des freischaffenden Musikers wird in diesem Land nicht gewünscht und in vielerlei Hinsicht erschwert. Das spürt man auch in fehlender Wertschätzung für uns als Berufsgruppe. Auch daran gilt es anzusetzen.

Lesetipp: Till hat in seinem Job als chilli-Redakteur Freiburger Stimmen gesammelt zu einer Quote. Mit dabei: Sein Bruder Felix, Rapper Chabezo, Songwriterin Laura Braun und Songwriter Niklas Bastian äußern sich zur Lage: "Bewusstsein erhöhen"

 


2 Kommentare:

  1. In Frankreich gibt es schon längere zeit und es hat ein mega Schub für die Künstler:innen aus Frankreich gegeben.

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    1. Yes, genauso ist es. Die Tatsache ist im Interview auch erwähnt. Deutschland hat hier Nachholbedarf ! Thx Franck

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Danke für dein Kommentar 🙏🏻